Kunst im öffentlichen Raum Frankfurt

Scheibe, Richard

* 19.04.1879 Chemnitz
+ 06.10.1964 Berlin


Seit 1904 lebte der Bildhauer Richard Scheibe in Berlin. Erste Bekanntheit erlangte er durch kleinfigürliche Tierplastiken, sein Hauptthema war jedoch die menschliche Gestalt. 1925 wurde er an die Städelschule in Frankfurt am Main berufen, wo er die Bildhauereiklasse leitete. Wenige Wochen nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten am 30. Januar 1933 musste er zusammen mit Willi Baumeister, Max Beckmann, Josef Hartwig u. a., die Entlassung hinnehmen. Im gleichen Zeitraum wurde das von ihm in Gedenken an den sozialdemokratischen Politiker und ersten Reichspräsidenten der Weimarer Republik gestaltete Friedrich-Ebert-Denkmal (1926) an der Paulskirche entfernt. 1934 konnte Richard Scheibe an die Städelschule zurückkehren; 1935 erhielt er einen Ruf an die Preußische Akademie der Künste in Berlin. Während der NS-Zeit fand sein Werk Anerkennung und wurde auf NS-Propaganda- und Wanderausstellungen präsentiert. Er nahm regelmäßig an der Großen Deutschen Kunstausstellung teil, wo Adolf Hitler und Joseph Goebbels ihn durch den Kauf seiner Aktplastiken protegierten. Zudem erhielt er Aufträge von öffentlicher Hand und der Industrie, darunter das Saarbefreiungsdenkmal (1935) im Auftrag der IG-Farbenindustrie AG in Höchst, das im Kontext der Wiedereingliederung des Saarlandes nach der Volksabstimmung am 13. Januar 1935 steht, der eine massive Propagandakampagne vorausging. Es stand seit Mitte der 30er-Jahre vor einem Neubau der Pharma-Fertigung der Farbwerke Höchst. Der heutige Verbleib ist nicht bekannt. Ein kleineres Modell befindet sich in der Sammlung des Deutschen Historischen Museums. Scheibes Name steht auf der 1944 vom NS-Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda kompilierten Gottbegnadeten-Liste.

Nach dem Ende des NS-Regimes konnte er seine Karriere fortsetzen und hatte bis zu seiner Emeritierung 1951 eine Professur an der Berliner Hochschule für bildende Künste inne. In der Städtischen Galerie Frankfurt befinden sich die von Richard Scheibe geschaffenen Aktplastiken Zehnkämpfer (1937) und Der Denker (1938) sowie die Plastik Zwei Mädchen die früher im Städelgarten stand. Scheibe, der mit Georg Kolbe befreundet war, vollendete nach dessen Tod 1954 die Skulpturengruppe Ring der Statuen im Rothschildpark in Frankfurt. Er schuf eine Reihe von Ehren- und Kriegerdenkmälern, darunter das Denkmal für die Gefallenen der Farbwerke Höchst (1923) und das Ehrenmal (1932) für die im Ersten Weltkrieg Gefallenen der Gemeinde Frankfurt-Sindlingen auf dem Friedhof in Sindlingen. Für das 1937 enthüllte Höchst-Nieder Helden-Ehrenmal (heute bis auf die Terrasse abgebaut) schuf er die Bronzeplastik Knieender Krieger. Außerdem ist die Statue des Denkmals für den Widerstand des 20. Juli 1944 (1953) im Berliner Bendlerblock von ihm, ebenso die Figur der Fortuna aus vergoldetem Kupfer auf der Kuppel des Charlottenburger Schlosses, die er 1955 im Auftrag der Stadt Berlin schuf.

Geehrt wurde Richard Scheibe mit zahlreichen Auszeichnungen. Darunter das Große Bundesverdienstkreuz (1954) und die Goetheplakette der Stadt Frankfurt (1954). Er war Mitglied in der Frankfurter Kulturgesellschaft 1857 e.V.

Der Nachlass von Richard Scheibe befindet sich im Georg Kolbe Museum in Berlin.

Text: Ambra Frank 2023


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