Kunst im öffentlichen Raum Frankfurt

Bill, Max

geb. 1908 in Winterthur
gest. 1994 in Berlin

Max Bill war in zahlreichen, sich teilweise überlagernden Feldern tätig: als Architekt, angewandter und bildender Künstler, als deren Theoretiker und Vermittler, nicht zuletzt auch als Politiker. Am Anfang seiner Karriere stand eine Lehre als Silberschmied, die er von 1924 bis 1927 an der Kunstgewerbeschule Zürich (heute Zürcher Hochschule der Künste) absolvierte. Bereits 1925 machte er auf sich aufmerksam, denn er war eingeladen, seine Schülerarbeiten auf der renommierten Internationalen Ausstellung für moderne dekorative Kunst und Kunstgewerbe in Paris zu präsentieren, außerdem gewann sein Plakatentwurf einen Wettbewerb der Schokoladenfabrik Suchard. Von 1927 bis 1928 studierte er am Bauhaus in Dessau. An das Konzept des Bauhauses anschließend, gründete Bill rund zwanzig Jahre später die Hochschule für Gestaltung HfG Ulm (mit Inge Aicher-Scholl, Otl Aicher und anderen) und wurde 1953 ihr Rektor. 1954 entwickelte er den Ulmer Hocker mit: ein auf vielfache Weise verwendbares Möbel, das die Erstausstattung der Hochschule stellte und so zu ihrem Symbol wurde.
Ab 1929 war Bill als Architekt, seit 1932 außerdem als Bildhauer, Grafiker und Maler tätig. Der Künstlerbewegung Abstraction-Création angehörend (1932–1937), trug auch er dazu bei, der ungegenständlichen Kunst ein Forum zu schaffen. Sowohl auf praktischer als auch auf theoretischer Ebene gilt Bill als einer der wichtigsten Vertreter der Zürcher Schule der Konkreten, der schweizerischen Ausprägung der Konkreten Kunst. Diese Kunstrichtung knüpft nicht an der Natur an (auch nicht als Abstraktion), ganz im Gegenteil strebt sie danach, Formen zu entwickeln, die nicht in der Natur vorkommen – ein Kunstwerk habe eine eigene Wirklichkeit aus Formen und Farben. Im Katalog zur Ausstellung Zeitprobleme in der Schweizer Malerei und Plastik (1936) formulierte Bill: "konkrete kunst nennen wir jene kunstwerke, die aufgrund ihrer ureigenen mittel und gesetzmässigkeiten – ohne äusserliche anlehnung an naturerscheinungen oder deren transformierung, also nicht durch abstraktion – entstanden sind. konkrete kunst ist in ihrer eigenart selbständig. sie ist der ausdruck des menschlichen geistes, für den menschlichen geist bestimmt, und sie sei von jener schärfe, eindeutigkeit und vollkommenheit, wie dies von werken des menschlichen geistes erwartet werden muss. konkrete malerei und plastik ist die gestaltung von optisch wahrnehmbarem. ihre gestaltungsmittel sind die farben, der raum, das licht und die bewegung… konkrete kunst ist in ihrer letzten konsequenz der reine ausdruck von harmonischem mass und gesetz. sie ordnet systeme und gibt mit künstlerischen mitteln diesen ordnungen das leben… sie erstrebt das universelle und pflegt dennoch das einmalige. sie drängt das individualistische zurück, zugunsten des individuums."
Mit Kontinuität verfügt der Frankfurter Stadtraum über ein skulpturales Hauptwerk der Zürcher Schule der Konkreten. Das Werk repräsentiert Bills jahrzehntelange Auseinandersetzung mit mathematischen Verfahren und Phänomenen – unter ihnen immer wieder auch die Endlosschleife –, 1949 hatte er festgehalten: "Ich bin der Auffassung, es sei möglich, eine Kunst weitgehend auf Grund einer mathematischen Denkweise zu entwickeln" (in: Die mathematische Denkweise in der Kunst unserer Zeit, in: Werk Nr. 3, 1949). Gleichzeitig ermöglicht die Skulptur eine genuin ästhetische Erfahrung, die der Kunsthistoriker Werner Spies so beschreibt: "Die wunderbar harmonischen Linien überschneiden sich vor dem sie umwandelnden Betrachter zu immer neuer Schönheit, die so zahlreich sind, wie die Standpunkte, die sich vor dem Werk einnehmen lassen." (In: Kontinuität. Hg. Deutsche Bank. Dortmund 1986, S. 8).

Text: Christine Taxer, 2023

Logo der Stadt Frankfurt am Main