Kunst im öffentlichen Raum Frankfurt

Büttner, Andrea

geb. 1972 in Stuttgart
ebt und arbeitet in Berlin

Andrea Büttner studierte Bildende Kunst an der (heutigen) Universität der Künste Berlin sowie Philosophie und Kunstgeschichte in Tübingen und Berlin (Humboldt-Universität). Mit der Dissertation Perspectives on Shame and Art wurde sie 2008 am Londoner Royal College of Art promoviert. 2012 erhielt sie einen Ruf an die Gutenberg-Universität nach Mainz für das Fach Zeichnen, seit 2017 ist sie Professorin für Kunst im zeitgenössischen Kontext an der Kunsthochschule Kassel.
Seit den frühen 2000er Jahren arbeitet die Künstlerin zu Themen wie Arbeit, Armut, Scham, Würde; sie beschäftigt sich mit gesellschaftlichen, in religiösen oder weltlichen Strukturen wurzelnden Prägungen und nimmt dabei auch die Produktion, die Präsentation und die Rezeption von Kunst in den Blick – sowohl früher als auch heute. In ihren Ausstellungen eröffnet sie Reflexionsräume, wobei sie sich einer Vielzahl künstlerischer Medien bedient.
Einen Einblick in ihr Vorgehen kann die kürzlich gezeigte Einzelausstellung Der Kern der Verhältnisse im Kunstmuseum Basel (2023) geben: auch diese eine raumgreifende "Erzählung", die verschiedene Stränge miteinander verknüpft (so das Booklet zur Ausstellung; letzter Zugriff 11.03.2024). Exemplarisch sei Büttners Annäherung an das Thema Armut skizziert:
Ausgestellt waren Arbeiten aus der seit 2015 entstehenden Serie Beggars: monumentale Holzschnitte, die verhüllte Bettler*innen zeigen. Sie rufen historische Vorbilder auf; entsprechend ergänzte Büttner ihre Arbeiten um Originale aus dem Kupferstichkabinett des Kunstmuseums, etwa von Rembrandt. Hinzu kam ihre Diaprojektion Shepherds and Kings, eine Zusammenstellung von Bildern der Geburt Christi, die das Augenmerk von den Protanist*innen der Weihnachtsgeschichte hin zu den Figuren der Hirten und Könige lenkte: auf Repräsentanten für Arm und Reich also. Gezeigt wurden ferner Reproduktionen historischer Darstellungen aus dem Londoner Aby Warburg Institute; auf ihnen befinden sich Notizen von Institutsmitarbeiter*innen zu Auktionen, die auf Widersprüche zwischen den Inhalten und dem hohen Wert dieser Bilder auf dem Kunstmarkt verweisen. Schließlich der Rekurs auf eine "Kunstgeschichte der Armut": eine Aufgabe, der sich unter anderem die Kunsthistorikerin Linda Nochlin angenommen hat; daher sind Reproduktionen ihrer Notizen zu sehen. Zusammenfassend leistet Büttner also eine Verknüpfung von Religion und aktuellen sozialen Themen, die Einbettung in die Kunstlandschaft, deren theoretische Reflexion und den Kunstmarkt.
Und noch in einem weiteren Komplex der Baseler Ausstellung wird das Thema Armut aufgegriffen, wenngleich als Nebenaspekt. So sind Bread Paintings (2011–2016) einzelnen Werken in den Räumen der Alten Meister beigefügt und isolieren hier das Motiv Brot aus der jeweiligen Szenerie – sei es Brot als Teil der dargestellten Erzählung, als Symbol für den Ritus der Eucharistie, als Almosen für Bedürftige oder als Teil eines Stilllebens. Die Bread Paintings verweisen wiederum auf die Arbeitsweise der Künstlerin, die stets das Potential im Einfachen sieht und dieses ins Licht rückt. Hier macht Büttner auf den Gegenstand Brot aufmerksam: auf das Grundnahrungsmittel, früher wie heute und überall – gleichzeitig allerdings hat bei uns in den letzten Jahren ein Kult um sich gegriffen, der Brot zu einem Objekt von Luxus und Reflexion gemacht hat.
Armut, Scham und das Leben in religiösen Gemeinschaften sind Themen, die auch in die in Frankfurt befindliche Arbeit für den öffentlichen Raum eingegangen sind: Turmzimmer Weißfrauenkirche.

Text: Christine Taxer, 2023

Mehr zur Künstlerin:
Website Andrea Büttner
Ausstellung AB Kunstmuseum Basel

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