Kunst im öffentlichen Raum Frankfurt

Baselitz, Georg

geb. 1938 in Deutschbaselitz, Sachsen
lebt und arbeitet in Salzburg

"Ich bin in eine zerstörte Ordnung hineingeboren worden, in eine zerstörte Landschaft, in eine zerstörte Gesellschaft. Und ich wollte keine neue Ordnung einführen [,,,]. Ich war gezwungen, alles in Frage zu stellen [...]." (Zitiert nach dem Artikel von Bettina Wohlfarth: In eine zerstörte Ordnung geboren. In: FAZ, 15.01.2022; letzter Zugriff 11.03.2024.) So verknüpft Georg Baselitz sein Leben und sein Werk. Im Dritten Reich und im Nachkriegsdeutschland aufgewachsen, war sein Umfeld von Zerstörung und Unsicherheit geprägt – und in der Tat greift er diese in seinen künstlerischen Arbeiten immer wieder auf, getragen von "seiner skeptischen Grundhaltung" (so Max Hollein in: Georg Baselitz. Die Helden. Ausstellungskatalog Städel Museum. Hirmer, München 2016, S. 8). Aus der Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte und mit der Malerei seiner Zeit entstehen auch die Gemälde, die ihre Motive auf dem Kopf stehend zeigen: In der Kunstgeschichte untrennbar mit Baselitz verbunden, haben sie ihn ab 1969 weltweit bekannt gemacht.
Georg Baselitz, eigentlich Hans-Georg Kern, begann 1956 sein Studium der Malerei an der Hochschule für bildende und angewandte Kunst in Berlin-Weißensee (damals Ost-Berlin). Nach seinem Verweis 1957 wechselte er an die (damalige) West-Berliner Staatliche Hochschule für Bildende Künste (heute Universität der Künste) und siedelte ein Jahr später in den westlichen Teil der Stadt über. 1961 nahm er seinen Künstlernamen an. Auch in der westdeutschen Gesellschaft eckte er an, seine Werke provozierten Werte und Normen – womit er als Künstler spielte, bis heute gilt er als ein Provokateur. So wurde sein bekanntestes Bild dieser Zeit – Die große Nacht im Eimer: ein Jungen beim Masturbieren (1962/1963) – wegen "Unsittlichkeit" beschlagnahmt, wobei der Skandal wohl inszeniert war und dem Künstler ein großes Presseecho einbrachte.
Während des Aufenthalts in der Florentiner Villa Romana 1965 entstand die Werkgruppe der Heldenbilder. Im Großformat von Historienbildern setzen sie sich mit Vorstellungen von Männlichkeit auseinander, die von Entwurzelung und Widersprüchlichkeit geprägt sind – der Bezug zur (eigenen wie auch deutschen) Geschichte liegt nahe: nach dem Dritten Reich und in der Gegenwart des geteilten Deutschlands. 2016 fast vollständig im Frankfurter Städel Museum versammelt, sind diese Bilder zerfetzter Helden dem Frankfurter Publikum wohlbekannt (vgl. hierzu den oben genannten Ausstellungskatalog).
Die Frakturbilder wiederum führten unter anderem zur Motivumkehr, etwa in Der Wald auf dem Kopf (1969). Das Umdrehen nahm den Motiven die in der Wirklichkeit mit ihnen verbundenen Inhalte, aber ohne sie dadurch ungegenständlich, abstrakt zu machen. So sind die Bilder unabhängig von der Wirklichkeit und gleichzeitig figurativ beschreibbar. Mit dieser künstlerischen Strategie hat Baselitz einen eigenen Weg gefunden, der ihn durch die künstlerischen Herausforderungen der Moderne – Konzept, Repräsentation und Abstraktion – führt.
1977 wurde Baselitz als Professor an die Staatliche Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe berufen, zwischen 1983 und 2003 (mit Unterbrechung) bekleidete er eine Professur an der Berliner Hochschule der Künste (ab 2001 Universität der Künste Berlin).
Heute zählt Baselitz zu den international bekanntesten deutschen Künstler*innen der Gegenwart, seine Werke gehören zum international gesammelten Establishment. Eine der ihm kürzlich verliehenen künstlerischen Adelungen war die Aufnahme in die Pariser Académie des Beaux-Arts, die ihm als bisher einziger*m Deutschen zuteil wurde.

Text: Christine Taxer, 2024
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