Kunst im öffentlichen Raum Frankfurt

Gernhardt, Robert

geb. 1937 in Tallinn, Estland
gest. 2006 in Frankfurt am Main

Robert Gernhardt studierte Malerei an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart und an der (damaligen) Staatlichen Hochschule für Bildende Künste in Berlin. Parallel dazu studierte er Germanistik an der Berliner Freien Universität. 1964 kam er mit seinem Studienkollegen F.W. Bernstein nach Frankfurt. Hier arbeitete Gernhardt als Lyriker, Schriftsteller und Essayist, Maler, Zeichner und Karikaturist. Ab den 1970er Jahren veröffentlichte er zahlreiche Bücher mit Cartoons, Geschichten, humortheoretischen Essays und Gedichten. Heute gilt er als einer wichtigsten zeitgenössischen Dichter deutscher Sprache (laut Text zur Ausstellung 2017 im Caricatura Museum Frankfurt; letzter Zugriff 05.02.2024). Sein Werk verbreitete er in verschiedenen Medien, es wurde vielfach ausgezeichnet. 1999/2000 war er Stipendiat am Wissenschaftskolleg Berlin. 2001 hielt er die Frankfurter Poetikvorlesungen, 2005/2006 hatte er die Düsseldorfer Heinrich-Heine-Professur inne. Ab 2003 las er in der ARD-Sendung Druckfrisch regelmäßig ein zeitkritisches Sonett.
In Frankfurt bewegte sich Gernhardt in einem Umfeld, das einem neuen Komik-Verständnis in Deutschland den Weg bereitete. Dabei schrieben ihm seine Kollegen die Rolle eines "Schuldirektors" (Eckhard Henscheid), "Klassenprimus" (Hans Traxler) oder auch "Supergurus" (F.K. Waechter) zu (ebd.). Gernhardt schrieb und zeichnete zunächst für die 1962 gegründeten Satirezeitschrift pardon. Hier rief er mit Bernstein und Waechter die Beilage Welt im Spiegel Wims ins Leben; bis 1976 bot sie "wunderbarste Zeitungsparodie mit Texten, Rätselspielen, Comics und Zeichnungen" (ebd.). Diese drei gehörten auch zu den Gründungsmitgliedern der (später so genannten) Neuen Frankfurter Schule NFS, zusammen mit den Zeichnern Chlodwig Poth und Traxler und den Autoren Bernd Eilert, Henscheid und Peter Knorr. Ab 1979 publizierten sie im Satiremagazin Titanic (gegründet mit Knorr, Poth, Traxler, Waechter). Mit Eilert und Knorr bildete Gernhardt außerdem die GEK-Gruppe, zum Beispiel waren sie in den 1980er Jahren  Autoren von diversen Shows und Drehbüchern für den Komiker Otto Waalkes und erreichten so ein riesiges Publikum.
Ab 2001 gab Gernhardt Anstöße zu einem Projekt im Frankfurter öffentlichen Raum, das unter dem Namen Komische Kunst im GrünGürtel bis heute läuft. Erster Anlass war das zehnjährige Bestehen des GrünGürtel-Ausbaus: Auf der Jubiläumsfeier hielt Gernhardt nicht, wie geplant, eine Rede, sondern schenkte der Stadt eine Mappe mit fünf Zeichnungen des eigens erfundenen GrünGürtel-Tiers und überließ ihr auch die Nutzungsrechte an der Figur. Dazu kam auch noch eine Geschichte: die von der "Entdeckung" durch Gernhardt an der Höchster Wörthspitze, an der Mündung der Nidda in den Main. Mit dieser Aktion hatte der GrünGürtel ein Wappentier – und zwar eines mit dem Charakter der Komischen Kunst. Die Stadt bedankte sich, indem sie ein Jahr später den Ort der "Entdeckung" heraushob: Hier wurden drei Eschen gepflanzt und eine Stele mit Gernhardts Zeichnung aufgestellt – das waren die Gernhardt Eschen. Damit war das spätere Projekt Komische Kunst im GrünGürtel angelaufen. 2007 kam eine Skulptur vom GrünGürtel-Tier hinzu.
Gernhardt förderte das Projekt bis zu seinem Tod 2006. Wichtige Unterstützung leistete auch sein Freund und Künstlerkollege F.K. Waechter, der der Stadt eine Serie von Zeichnungen schenkte: Waechters Baumkunst.
Weitere Arbeiten kamen hinzu, sie gehen zurück auf Entwürfe von Zeichnern, die der Neuen Frankfurter Schule auf die eine oder andere Weise nahestehen: Bernstein, Kurt Halbritter, Bernd Pfarr, Poth, Andreas Rohrbach, Traxler. Die meisten Entwürfe wurden von Rohrbach umgesetzt, außerdem von Thomas Anton, Siegfried Böttcher, Henner Drescher, Till Hergenhahn und dem Frankfurter Grünflächenamt. Angesiedelt sind alle Arbeiten im GrünGürtel, entlang des Rundwanderwegs beziehungsweise Radrundwegs; einen weiteren Einblick gibt auch die Tour hier auf der Website. Getragen wird das Projekt von der Stadt Frankfurt und dem Caricatura Museum.

Text: Christine Taxer, 2024

Mehr zum Künstler: Ausst. RG Caricatura Museum
Mehr zum Projekt und die Neue Frankfurter Schule:
Ausst. GrünGürtel Caricatura Museum
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