Kunst im öffentlichen Raum Frankfurt

Wagner, Silke

geb. 1968 in Göppingen
lebt und arbeitet in Frankfurt am Main

Von 1995 bis 2001 absolvierte Silke Wagner ein Studium bei Thomas Bayrle an der Städelschule in Frankfurt. Zwischen 2007 und 2009 war sie Gastprofessorin an der Zürcher Hochschule für Gestaltung, 2012 vertrat sie eine Professur im Aufbaustudiengang Kunst und Öffentlicher Raum an der Akademie der Bildenden Künste Nürnberg. Wagner nahm an zahlreichen Ausstellungen im öffentlichen Raum teil, darunter: skulptur projekte münster 07, Emscherkunst.2010 (NRW), Biennale Bern (2012), Migration und Pflanze (veranstaltet vom Kunstverein Heilbronn zur BUGA, 2019). 2007 wurde sie vom Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst mit dem Maria Sibylla Merian-Preis ausgezeichnet.
In ihren Arbeiten verhandelt Wagner ein breites Spektrum an Themen. Mal geht es um Fußball, mal um Prostitution (u.a. Kunst über Prostitution – Die Kunst der Prostitution, um 2010; Run a Redlight, 2021, Redlight), um Schutzehen (Kunstverein Wolfsburg, 2002) oder auch – wie bei Im Wind in Frankfurt-Fechenheim – um die Geschichte genau dieses Stadtteils. Immer jedoch basieren sie auf intensiven Auseinandersetzungen mit dem jeweiligen Themenbereich – wie auch auf Kooperationen mit der Öffentlichkeit.
Überhaupt die Öffentlichkeit – Wagners Werk findet in ihr und mit ihr statt. Bereits in ihren frühen Aktionen und Projekten geht es um eine Verschiebung von Bedeutungsebenen: zwischen dem Privaten und dem Öffentlichen, zwischen dem sozialen und dem kunstimmanenten Bereich. Gleichzeitig zielen Wagners medienübergreifende Arbeiten auf Kommunikation. Ob Skulptur, Lichtinstallation oder Flaggen – es ist der Kontext des Stadtraums, in dem die Attraktivität der Arbeiten ihr subversives Potential entfaltet.
Wie bei der zwischen 2001 und 2005 veranstalteten Aktion Bürgersteig, die als "politische Arbeit" große Prominenz erlangte. Hier stellte Wagner antifaschistischen und antirassistischen Gruppen einen Kleinbus mit der Aufschrift "Lufthansa Deportation Class" zur Verfügung – mit dem Hinweis, dass die Lufthansa Flugzeuge für Abschiebungen bereitstelle. Teil des Projekts waren Vorgespräche mit den Gruppen sowie eine Dokumentation des Projekts im Essener Kokerei Zollverein.
Oder When Saturday Comes, eine Installation aus hunderten farbigen Leuchtröhren (8,30 x 13,50 m), die vielschichtige Aspekte von "Fußball" aufgreift und gleichzeitig über dieses Thema hinausgeht: Das Werk zeige, "wie stark Kunst den öffentlichen Raum verändern und bereichern kann. Die Arbeit weist weit über das Thema Fußball hinaus und fordert uns heraus, zu Themen wie Rassismus, Homophobie oder den Folgen der Globalisierung Position zu beziehen." (So Julia Lehner, zweite Bürgermeisterin der Stadt Nürnberg, bei der Einweihung im Mai 2022; zitiert nach PM Aurelis). Entstanden 2006, wurde die Installation zur Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland zunächst in Nürnberg (dann auch in weiteren Ausstellungen der Künstlerin) präsentiert und ist schließlich 2022 dauerhaft in den öffentlichen Raum dieser Stadt zurückgekehrt.
Der Titel zitiert das gleichnamige Fanmagazin, das Fußball auch als Spiegel der jeweils aktuellen sozio-kulturellen Bedingungen und Wertvorstellungen vorstellt. Zu sehen sind Porträts von Spielern, etwa von Justin Fashanu, der sich in den 1980er Jahren als erster aktiver Profispieler zu seiner Homosexualität bekannte und daraufhin entlassen wurde, und von Eusebio, der trotz seiner phantastischen fußballerischen Fähigkeiten immer auch massive rassistische Anfeindungen erlebte; außerdem Hinweise auf Cesar Luis Menotti, der 1978 als Trainer mit Argentinien die WM gewann und bei der Pokalübergabe dem Diktator General Videla den Handschlag verweigerte, auf das Unglück im Hillsborough-Stadion in Sheffield 1989 und auf den Kampf der Fans von Leeds United gegen den im Verein verbreiteten Rassismus. Ferner erinnert die Arbeit an das sogenannte "Todesspiel" in der von den Nationalsozialist*innen besetzten Ukraine 1942: Nachdem Topspieler von Dynamo Kiew gegen die deutsche Luftwaffenelf Adler gesiegt hatten, wurden sie am nächsten Tag verhaftet und ins KZ gebracht, wo vier Spieler erschossen wurden. "Nicht zuletzt dieser Beitrag verdeutlicht die fortdauernde Aktualität und Relevanz der Installation, indem er die Gräueltaten eines totalitären Regimes ebenso eindringlich wie bedrückend vor Augen führt." (So die Pressemitteilung aus dem Nürnberger Rathaus, 22.05.2022; vgl. PM Nürnberg).

Text: Christine Taxer, 2023

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