Das Friedrich-Ebert-Denkmal erinnert an den ersten Reichspräsidenten der Weimarer Republik und ist eng mit der politischen Geschichte Deutschlands im 20. Jahrhundert verknüpft. Ursprünglich 1926 in Auftrag gegeben, wurde es 1933 von den Nationalsozialisten entfernt und 1950 in veränderter Form erneut aufgestellt. Heute steht es nicht nur für die Erinnerung an Friedrich Ebert, sondern auch für den wechselhaften Umgang mit nationaler Identität und politischer Ideologie in Deutschland.
Nach Eberts plötzlichem Tod im Jahr 1925 initiierte die Stadt Frankfurt unter Oberbürgermeister Ludwig Landmann die Errichtung eines Denkmals. Der Bildhauer Richard Scheibe, damals Lehrer an der Städelschule, entwarf eine Figur eines geschwächten Jünglings, der sich mit gebeugter Haltung aufzurichten versucht. Sie sollte die fragile Demokratie der Weimarer Republik darstellen, die sich nach dem Ersten Weltkrieg um Stabilisierung mühte. Die Arbeiter-Zeitung kommentierte die Einweihung am 12. August 1926 spöttisch und verglich die Figur mit der vermeintlichen Schwäche der Republik: „leicht gebeugt, nicht mehr ganz sicher auf den Beinen, ohne Rückgrat und Kraft“.
Mit dem Machtantritt der Nationalsozialisten 1933 geriet das Denkmal in offenen Widerspruch zum herrschenden politischen Selbstbild. Gauleiter Jakob Sprenger forderte seine Entfernung von der Paulskirche. Zwar wurde Scheibe von der Kunstakademie entlassen, er konnte jedoch seine Karriere an das NS-Regime anpassen und für dessen Propaganda produzieren. Drei Jahre später empfahl er selbst, die Statue einzuschmelzen, doch die Stadt lehnte ab. Stattdessen erhielt sie den neutralen Titel „Nackter Jüngling“, um den Bezug zu Ebert zu tilgen. Die Skulptur überstand den Zweiten Weltkrieg und befindet sich heute im Historischen Museum Frankfurt.
Im Jahr 1954 beauftragte die Stadt Richard Scheibe erneut damit, ein Denkmal für die Paulskirche zu schaffen. Die neue Skulptur unterscheidet sich dabei deutlich vom Original. Sie zeigt eine intakte, aufrechte Figur ohne Ambivalenz, die an die NS-Ästhetik eines muskulösen „Ariers“ erinnert. Somit scheint sie eine ungebrochene deutsche Identität mit dem Nationalsozialismus zu symbolisieren. Kritische Reflexionen über Verantwortung, Verlust und Spaltung Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg wurden zu dieser Zeit aktiv vermieden.
Während die Weimarer Fassung eher von Fragilität und historischer Reflexion geprägt war, verkörpert die Nachkriegsfassung Stärke und eine Glättung der Geschichte. Ein zeitgenössischer Kommentar der „Schwäbischen Zeitung“ aus dem Jahr 1950 bringt diese Ambivalenz auf den Punkt: „Ein nackter Jüngling steht auf einem steinernen Podest an der Wand, hebt die Hand – man weiß nicht recht, wozu –, ums Haar wäre es ein Hitlergruß geworden.“
Am Denkmal ist folgende Inschrift eingemeißelt:
ZUM GEDÄCHTNIS AN DEN
ERSTEN REICHSPRÄSIDENTEN
FRIEDRICH EBERT
WIEDERERICHTET ZU SEINEM 50. TODESTAG
DEM 28. FEBR. 1950. DIE STADT FRANKFURT A.M.
Text: Carolin Tüngler, 2025