Kunst im öffentlichen Raum Frankfurt

De Cock, Jan

geb. 1976 in Etterbeek, Belgien
lebt und arbeitet in Anderlecht, Belgien

Jan de Cock gilt als eine der einflussreichsten Persönlichkeiten Belgiens in der aktuellen zeitgenössischen Kunst. Das spiegeln schon seine beiden frühen Einzelausstellungen wider: in der Tate Modern (2005) und im Museum of Modern Art (2008); 2022 bespielte er den belgischen Pavillon auf der Biennale in Venedig.
Sein Werk tariert das Verhältnis zwischen Kunstproduktion, Konzept der Moderne und Konsumwelt aus. Vielfach gibt es formale und visuelle Anknüpfungen an die abstrakte Kunst des 20. Jahrhunderts, wobei die Projekte in mehreren Stadien aufgebaut und diskursiv angelegt sind. Es entstehen Systeme aus Assoziationen und Bezügen: Montagen aus Fragmenten, von denen jedes sich auf ein anderes bezieht und zur Entstehung des Gesamtwerks beiträgt. Dabei wird nicht verbindliche Bedeutung generiert, vielmehr werden Alternativen aufgezeigt – und es geht darum, die mit der Moderne gewonnene Freiheit der Kunst immer weiter zu treiben.
Eines seiner aktuellen Projekte ist die Werkreihe Everything For You EFY, die die Relation zwischen Kunst, Markt, Macht und Freiheit untersucht. Zu dieser Werkreihe gehört auch die Frankfurter Skulptur A MODEL FOR A MONUMENT FOR MR. AND MS. HEINRICH DEICHMANN. Jede Intervention umfasst mehrere Schritte. Zunächst baut der Künstler eine Skulptur auf, die als das Modell eines Denkmals vorgestellt wird und dabei "eher an Bauschrott als an eine traditionelle Skulptur" erinnert und "sperrig, störend, zufällig und deplatziert" wirkt (so Viktoria Draganova in: Monopol, 17.08.2017; Monopol). Hierfür werden geometrisch-abstrakte Module aus billigen Materialien in eine Stadt gebracht und arrangiert; neben Frankfurt waren bereits Hongkong, Mexiko-Stadt, Carrara, Kiew und New York dabei. Häufig sind vor Ort vorgefundene Elemente integriert, in Frankfurt etwa das Rot vom Mainsandstein, das dem der Domfassade entspricht. In einem zweiten Schritt fotografiert de Cock die Objekte und veröffentlicht die Fotos in einem weiteren Schritt. Diese Publikation enthält außerdem zwei aktuelle Essays wie auch das vom Künstler formulierte Manifest For Sculpturecommunism. Hier ist eine deutliche Kritik an der heutigen Marktwirtschaft formuliert ("The corporate industry has been using you as an object, as an ideology for the masses"), EFY sei als eine "notwendige Korrektur der Marktökonomie" zu verstehen. Seine Skulpturen seien ein "Geschenk": ein Objekt, das nicht auf die unmittelbare marktfähige Absetzung abzielt; ein Kunstwerk, das den jeweiligen Stadtraum hin zu einer neuen Welt öffnet; letztlich eine Spende des Künstlers an die künstlerische Freiheit.
Auf die Unabhängigkeit von marktkontrollierten Mechanismen zielt de Cock in weiteren Projekten. Unter anderem hat er eine eigene Institution gegründet: zunächst The Brussels Art_Institute in Kooperation mit der hiesigen Kunsthochschule Sint-Lukas (gegründet 2014) und nach dem Umzug nach Brügge The Bruges Art_Institute (gegründet 2019). Ein Ort, an dem Bildende Kunst, Film, Musik wie auch Theater versammelt sind und an dem man zusammen arbeitet, lernt, ausstellt und einander begegnet. Das finanzielle Fortbestehen mag unsicher sein, jedenfalls nutzen hunderte Kunstschaffende den Ort. Nach de Cocks Bekunden ein "romantischer Ort", an dem die Autonomie der Kunst erhalten und erweitert wird.

Text: Christine Taxer, 2023

Mehr zum Künstler: Website de Cock
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