Kunst im öffentlichen Raum Frankfurt

Dellbrügge & de Moll

Christiane Dellbrügge
geb. 1961 in Moline, Illinois
lebt und arbeitet in Berlin

Ralf de Moll
geb. 1961 in Saarlouis
lebt und arbeitet in Berlin

Christiane Dellbrügge und Ralf de Moll studierten an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe. Seit 1984 arbeiten sie zusammen, heute lebt das Künstlerpaar in Berlin.
Dellbrügge & de Moll erarbeiten kontextbezogene und medienübergreifende Projekte sowohl für Ausstellungen als auch für den öffentlichen Raum. Sie entwickeln partizipative und diskursive Situationen, bei denen es häufig um die Verhandelbarkeit von Territorien und besonders Stadträumen geht. Erstellt haben sie zum Beispiel Planspiele zum Städtebau, Szenarien zur Besetzung von Orten oder Strategien der (Um)Etikettierung und Umnutzung von Raum. Stets werfen sie auch die Frage auf, welche Rollen die Bewohner*innen und das Publikum spielen.
Ein Beispiel für die künstlerische Praxis von Dellbrügge & de Moll ist Die Architekten (2019). Ihr Beitrag für den Kunst-am-Bau-Wettbewerb im Humboldt Forum 2018 ging von folgender Frage aus: Wie kann ein Kunstwerk die Geschichte dieses zentralen Ortes aufgreifen, dieses umstrittenen Gebäudes, das so oft umgebaut wurde und dabei immer auch die gesellschaftlichen Verhältnisse spiegelte? Zwingburg, Hohenzollernschloss, Palast der Republik, Humboldt Forum – dies sind die Kapitel der Baugeschichte an diesem Ort, der Spreeinsel, und gleichzeitig einer Geschichte, die von der Auseinandersetzung um Raum und seiner ideologischen Besetzung handelt. "Im Vordergrund stand für uns die Auseinandersetzung mit der Definitionshoheit des öffentlichen Ortes" (Dellbrügge & de Moll auf ihrer Website). Dellbrügge & de Moll stellten nun nicht die Bauherren ins Zentrum, sondern die Architekten, die in den letzten 500 Jahren deren Wünsche umsetzten, und verbanden ihre Vornamen zu einem Buchstabenfries. Diese Buchstaben wiederum bestehen aus recyceltem Beton: Die Künstler*innen sicherten sich drei Tonnen vom abgetragenen Fundament des Palasts der Republik, ließen den Schutt schreddern und nutzten ihn als Zuschlagstoff für ihre Arbeit – so wurde eine Etappe der Baugeschichte direkt inkorporiert.
Auch die Trierer Skulptur Polis (2019) bezieht sich auf verschiedene Aspekte der ideologischen Besetzung von Stadtraum. Wegen der antiken Baustrukturen unter der Erdoberfläche darf in Trier nicht tief gegraben werden, daher plante man für das Polizeipräsidium keinen Neubau, sondern einen Umbau des Vorhandenen. Den dabei abfallenden Bauschutt verwendeten Dellbrügge & de Moll als Zuschlagstoff für ihre Skulptur vor dem neuen Präsidium. Dabei handelt es sich um ein Kreissegment aus Stufen, die sowohl innen als auch außen ansteigen – formale Anklänge an das antike Theater sind deutlich. An das antike Theater, das demokratische Teilhabe für alle impliziert: Hier nahmen alle Stadtbewohner*innen am Prozess der Meinungs- und Wissensbildung teil, nicht nur die Elite. Entsprechend sind verschiedene Besetzungen der Skulptur möglich: verschiedene Konstellationen von Gruppierung und Vereinzelung, Sprechsituationen von Zuwendung und Abkehr.

Text: Christine Taxer, 2023

Mehr zu den Künstler*innen: Website Dellbrügge & de Moll
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