Kunst im öffentlichen Raum Frankfurt

Einheitsdenkmal

Objekt: Einheitsdenkmal
Standort: Paulsplatz
Stadtteil: Innenstadt
Künstler*in: Hessemer, Fritz / Kaufmann, Hugo
Material: Kelkheimer Kalkstein
Entstehung: 1903
Eigentum von: Stadt Frankfurt

Zur Erinnerung an das erste Deutsche Parlament wurden 1898 zwei Gedenktafeln an der Paulskirche angebracht und eine Gedenkfeier ausgerichtet. Gleichzeitig entschied man sich für ein Denkmal und schrieb einen Wettbewerb aus, um dieses historische Ereignis noch stärker bewusst zu machen. Der Entwurf von Fritz Hessemer und Hugo Kaufmann setzte sich durch. Das Denkmal wurde am 18. Oktober 1903 von Oberbürgermeister Franz Adickes eingeweiht.
Laut Wettbewerb sollte das Denkmal den Anteil würdigen, "welchen Dichtung und Gesang, welchen die Vorkämpfer der politischen Freiheit, die Männer der Wissenschaft, die Universitäten und die Begründer der wirthschaftlichen Einigung Deutschlands" an der deutschen Einheit gehabt hatten; ferner sei der "Vertheidigung der deutschen Nordmark" zu gedenken. Es ging also um das Zusammenwirken von Kultur und Wissenschaft zwischen 1815 und 1864, auf dem Weg über die Revolution von 1948/49 zur deutschen Einheit – daher der Titel: Einheitsdenkmal. Dieses Programm entfaltet sich in Bildern und Texten auf den drei Seiten des Baus.
Über dem Treppengeschoss erhebt sich der dreiseitige Sockel mit dem Obelisken aus Kelkheimer Kalkstein. Der Architekt Hessemer trug den Obelisken bei, Kaufmann die Bildhauerarbeiten.
Auf Postamenten um den Sockel herum standen im originalen Zustand drei Figurenpaare aus Bronze. Sie wurden 1940 als "Metallspende des Deutschen Volkes" eingeschmolzen, ihr einstiger Platz ist heute leer. Es handelte sich um Allegorien, die sich auf Protagonist*innen des Freiheitskampfes bezogen. Erstens Freies Bürgertum: Hier löste ein junger Krieger einem alten die Fesseln, was an den Freiheitskampf des Bürgertums erinnerte. Zweitens Alma Mater: Die Personifikation der Universität gab ihrem Studenten aus einer Schale zu trinken und löschte also dessen Wissensdurst. Drittens Freiheitslied: Ein alter Mann mit Lyra und ein junger Mann mit Schwert würdigen die Verdienste der Sängerbewegung beim Erlangen der nationalen Einheit.
Erhalten sind die Relieftafeln, die sich zwischen den Postamenten am Sockel befinden und hier den Auszug der Burschenschaftler und Freischärler zur Befreiung Schleswig-Holsteins zeigen: erstens Abschied des Jünglings vom Vater, darunter das Wort von Ernst Moritz Arndt: "Wir sind geschlagen, nicht besiegt. In solcher Schlacht erliegt man nicht!"; zweitens Schmieden der Waffen; drittens Bereit zum Kampf.
Obelisken stellt man seit der Antike auf. Während sie ursprünglich, im Alten Ägypten, Symbole für den Sonnengott, die göttliche Weltordnung und die Verbindung Re–Pharao waren, wurden sie später als Siegessymbole oder allgemein Erinnerungszeichen wahrgenommen. Der Obelisk des Einheitsdenkmals wird gekrönt von einer weiblichen Figur, die ein Schild mit der Aufschrift "seid einig" trägt. Offen ist, wen diese Figur darstellt: Klio, die Muse der epischen Dichtung, oder Germania.
Heutige Betrachter*innen mag die Verbindung von einerseits Freiheitskampf und andererseits Lieder, Lyrik und Gesangverein befremden. Ein Beispiel ist das Gedicht Aus dem Walde von Emanuel Geibel (1815–1884). Dem Relief der Waffenschmiede zugeordnet, erweist es sich als wenig feinsinnig – durchaus martialisch, dient es der Beförderung und Feier der deutschen Einheitsbestrebungen. Gleichwohl gehören Geibels Gedichte zu den lyrischen Werken, die im 19. Jahrhundert am häufigsten vertont wurden, unter anderem von Robert und Clara Schumann, Felix Mendelssohn-Bartholdy und Johannes Brahms. Ein Ausschnitt:
"Drum rüstig mit dem Hammer, mit der Feile!
Ihr Bälge, blast, ihr Funken, sprüht empor!
Das Schwert des Siegs hat Eile, Eile, Eile!“

Text: Christine Taxer, 2024

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