Objekt: | Porträtbüste und Gedenktafel für Wilhelm Merton |
Standort: | Merton's Passage |
Stadtteil: | Niederursel |
Künstler*in: | Hüller, Edwin |
Material: | Bronze |
Entstehung: | Original 1917 / Abguss 2001 |
Aufstellung: | 2001 |
Eigentum von: | DW Real Estate GmbH |
Bei der in Merton's Passage aufgestellten Porträtbüste handelt es sich um einen Abguss der Bronzebüste von Fritz Klimsch. Nach dem Tod Wilhelm Mertons hatte der Bildhauer im Auftrag des Akademischen Senats der Goethe-Universität zunächst eine Büste aus Marmor gefertigt. Von diesem Porträt gab es eine vergrößerte Kopie, die im Jügelhaus der Universität aufgestellt wurde. Diese Büste wurde 1936 von den Nationalsozialist*innen von ihrem Platz entfernt und zerstört. Wilhelm Mertons Sohn Walter hatte vom Original jedoch einen Bronzeabguss anfertigen lassen. Von dieser Bronze beauftragte der aus dem englischen Exil zurückgekehrte Sohn Richard Merton wiederum einen Abguss und schenkte das Werk der Goethe-Universität. Anlass war der 100. Geburtstag seines Vaters am 14. Mai 1948. Der von Edwin Hüller 2001 angefertigte Abguss wurde von der mg technologies ag gestiftet. Der Zugang ist nur während der Öffnungszeiten der Merton’s Passage möglich.
Wilhelm Merton kam in Frankfurt am Main in einer jüdischen Familie zur Welt. Die Eltern Ralph Merton (ursprünglich: Raphael Lyon Moses) und Sara Amelie Cohen waren aus England eingewandert. Der Vater betrieb einen Metallhandel. Merton besuchte das Städtische Gymnasium in Frankfurt, begann ein Studium in München und eine Ausbildung bei der Deutschen Bank in Berlin. 1877 heiratete er Emma Ladenburg (1859–1939). Das Ehepaar hatte vier Söhne und eine Tochter: Alfred, Richard, Adolf, Walter Henry und Gerta. Die Familie nahm Ende des 19. Jahrhunderts den evangelischen Glauben an.
Im Jahr 1881 gründete Wilhelm Merton in Frankfurt am Main die Metallgesellschaft; die Firma avancierte rasant zu einem Weltunternehmen. Es war die Zeit der zweiten Industrialisierung, und der Handel mit Nichteisen-Metallen, vor allem mit Kupfer, Zink und Aluminium, boomte. Bald schon stellte Merton einen Großteil seines unternehmerischen Gewinns für sozialreformerische Projekte zur Verfügung und bewies damit früh gesellschaftliche Verantwortung. In der Tradition des Frankfurter Stiftungswesens trat er abseits der lokalen Parteipolitik für sozialen Fortschritt und damit den sozialen Frieden ein. 1891 errichtete er das Institut für Gemeinwohl. Im Geschäftsbericht 1896/97 heißt es dazu: "das Institut [soll] unabhängig nach oben und unten und frei von irgendeinem Partei- und Confessionsstandpunkt wirken." Unter anderem erforschte man dort professionell unter Anleitung volkswirtschaftlich und sozialpolitisch geschulter Bediensteter die Ursachen wie die Vermeidung sozialer Missstände; zugleich wurde individuell Hilfe geleistet, weit über die Grenzen Frankfurts hinaus. 1899 gründete Wilhelm Merton die Centrale für private Fürsorge, die heute im Frankfurter Bürgerinstitut e.V. weiterlebt. Nach französischem Vorbild des Musée social eröffnete 1902 sein Soziales Museum. Ein Jahr zuvor war Merton maßgeblicher Initiator der Akademie für Sozial- und Handelswissenschaften gewesen: also einer Hochschule für Kaufleute und Industrielle, aber auch einer Weiterbildungsstätte vornehmlich für Beamte aus den Bereichen Bildung, Justiz und Wirtschaft. Jahre vor der Universitätsgründung war dort das Nebeneinander von Forschung und Lehre bereits Alltag. Schließlich engagierte sich Merton gemeinsam mit Oberbürgermeister Franz Adickes (1846–1915) für die Gründung der Frankfurter Universität und stiftete für dieses Projekt allein 2,3 Millionen Reichsmark. Seine Akademie ging dort in der Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften auf. In Erinnerung an seinen 1914 im Ersten Weltkrieg gefallenen Sohn Adolf stiftete Merton außerdem einen Lehrstuhl für Pädagogik. Wilhelm Merton starb 1916 infolge einer Herzattacke in seinem Berliner Büro der Metallgesellschaft.
Der Abguss der Büste und die Gedenktafel sollen an den Namengeber des Mertonviertels erinnern.
Text: Heike Drummer (Jüdisches Museum Frankfurt), 2022
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