Objekt: | Perlenfabrik (KZ-Gedenktafel) |
Standort: | Ginnheimer Straße |
Stadtteil: | Bockenheim |
Künstler*in: | Fischer, Bernd |
Material: | Aluminium |
Entstehung: | 2014 |
Aufstellung: | 2014 |
Eigentum von: | Studentenwerk Frankfurt am Main |
Als Perlenfabrik wurde lange Zeit das Grundstück bezeichnet, auf dem sich heute das Studierendenwohnheim Ginnheimer Landstraße befindet. Hintergrund war die historische Nutzung des Areals: Hier wurden Kunstperlen hergestellt. In den 1920er Jahren bot es einem für damalige Verhältnisse progressiven Jugenderziehungsheim Raum, nach 1933 übernahm die SA den Gebäudekomplex. Die Perlenfabrik wurde damit zum ersten Konzentrationslager Südhessens. Im Sommer 1933 wurde das "wilde Konzentrationslager" wieder aufgegeben, in der Folgezeit aber weiterhin vereinzelt Menschen hierher verschleppt und durch die SA misshandelt. Im Krieg wurde ein Teil des Gebäudekomplexes zerstört, Anfang der 1970er Jahre brach man die historische Bebauung zugunsten des Neubaus des Studierendenwohnheims vollständig ab.
Seit 2014 erinnern zwei Gedenktafeln in deutscher und englischer Sprache an die nationalsozialistischen Verbrechen, die auf dem Gelände der Perlenfabrik stattfanden. Die Gestaltung der beiden Tafeln ist nüchtern und zurückhaltend, die schwarze Schrift auf weißem Grund erinnert eher an alltägliche Hinweisschilder – etwa aus dem Straßenverkehr – als an eine klassische Gedenktafel. Der Künstler Bernd Fischer begründete die Wahl des Materials und der Gestaltung mit der bewussten Irritation der Leser*innen sowie dem Zusammenspiel mit der Architektur: "Der Betrachter bekommt etwas zu sehen, das ihm vertraut und gleichzeitig fremd ist. Der unprätentiöse Charakter erscheint mir an diesem Ort die bestmögliche Form für eine Tafel mit diesem Inhalt zu sein."
Texte der Tafeln:
Hier, auf dem Gelände eines ehemaligen Erziehungsheimes, im Volksmund Perlenfabrik genannt, errichtete 1933 die SA nur wenige Monate nach der nationalsozialistischen Machtergreifung das erste Konzentrationslager in Südhessen. Vor allem Gewerkschafter, Sozialdemokraten und Kommunisten wurden hier inhaftiert, gefoltert und gequält. Das KZ bestand nur kurze Zeit und wurde im Sommer 1933 aufgelöst. Zahlreiche der verbliebenen Häftlinge kamen in andere Konzentrationslager, vor allem nach Osthofen (heute Rheinland-Pfalz) und Dachau.
In 1933, only a few months after the Nazis seized power, the SA set up the first concentration camp in South Hessen here, on the grounds of what was once an approved school that the locals called the Perlenfabrik (bead factory). First and foremost, trade unionists, Social Democrats and Communists were imprisoned here, tortured and tormented. The concentration camp existed only briefly as was closed down in summer 1933. Many of the remaining inmates were deported to other concentration camps, mainly to Osthofen (Rhineland-Palatinate) and Dachau (Bavaria).
Text: Kulturamt, 2019