Kunst im öffentlichen Raum Frankfurt

Hippocampus

Objekt: Hippocampus
Standort: Goethe-Universität Campus Westend
Stadtteil: Westend
Künstler*in: Zinny, Dolores & Maidagan, Juan
Material: Bronzeskulptur auf Betonfundament
Entstehung: 2016
Aufstellung: November / Dezember 2016
Eigentum von: Goethe-Universität
Das fünf Meter hohe Werk von Dolores Zinny und Juan Maidagan knüpft mit Titel und Form an einen bestimmten Hirnteil an. Dieser ähnelt einem Seepferdchen, sodass man ihm dessen lateinischen Namen, "hippocampus", gab. Diese Bezeichnung wiederum stammt von den Hippokampen aus der griechischen Mythologie: Fabelwesen, die vorn Pferd und hinten Fisch sind (hippos = Pferd, kampos = Seeungeheuer).
Der zerebrale Hippocampus ist die Schaltstelle zwischen dem Kurz- und dem Langzeitgedächtnis. Über diese Schaltstelle entstehen Erinnerungen: Inhalte werden aus dem Kurzzeitgedächtnis in das Langzeitgedächtnis übernommen, wo sie gespeichert und bei Bedarf wieder abgerufen werden können. Darüber hinaus dient der Hippocampus der Steuerung von Affekten, hier sitzt das Zentrum von emotionalen Äußerungen wie Wut, Angst und Freude. Durch Verbindungen mit anderen Hirnregionen können der Hippocampus und der Mandelkern (Amygdala) Signale emotional bewerten. Bei Depressionen oder auch nach schweren emotionalen Traumata kann sich das Volumen des Hippocampus reduzieren.
Dieses Bedeutungsspektrum wirft eine Reihe von Fragen auf, wenn man den Aufstellungsort der Skulptur einbezieht: den ehemaligen Sitz der Interessengemeinschaft Farbenindustrie AG, der von Hans Poelzig entworfen und zwischen 1928 und 1931 erbaut wurde. Von hier aus also wurde die Unternehmenspolitik gemacht, die die I.G. Farben im Nationalsozialismus zu einem der weltweit größten Unternehmen machte – durch Produktion von unter anderem kriegsrelevanten Materialien und unter Einsatz von Zwangsarbeitern (hierzu siehe auch Wollheim-Memorial). Wie also gehen wir mit unserem historischen Erbe um? Inwieweit halten wir – kritisch – die Erinnerung wach? Inwieweit sind wir imstande, aus der Vergangenheit – für die Zukunft – zu lernen?

Text: Thomas Emden-Weinert (www.welt-der-form.net/Main-Metropole/), Christine Taxer, 2021
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