Seinen Namen verdankt der Brunnen all den Phantasiewesen, die hier ganz großes Theater veranstalten. Zwischen grotesken Masken kriechen bronzene Echsen umher, misstrauisch um sich blickend und Wasser speiend. Wasser spritzt auch aus den Mäulern der riesigen Fische, die von Putten gebändigt werden. Die Sagen und Mythen der Flusswelt – der Main ist nicht weit – haben den Künstler inspiriert. Krönender Abschluss des Spektakels ist die Nixe aus weißem Marmor, die über der Szene thront. Eine neunzehnjährige Wäscherin aus Frankfurt-Niederrad soll für sie Modell gestanden haben.
Der Märchenbrunnen geht zurück auf Friedrich Hausmann, damals Leiter der Bildhauerklasse an der Städelschule. Zwischen 1901 und 1910 geschaffen, bildete der Brunnen mit dem gleichzeitigen Schauspielhaus ein prächtiges Ensemble. In den Weltkriegen wurden die bronzenen Teile eingeschmolzen und zu Waffen verarbeitet. Zurück blieb die nackte Steinkonstruktion, bis man sich 2002 zur Wiederherstellung des originalen Zustands entschied. In einem aufwendigen Verfahren wurden die Phantasiewesen rekonstruiert, und zwar von einer Werkstatt in Nordkorea, die die gewünschte Darstellungsweise "jenseits des Kunstprojekts Moderne" ideal meisterte (so Klaus Klemp in: Märchenbrunnen, Broschüre des Amts für Wissenschaft und Kunst, Frankfurt 2006, S.14).
Text: Christine Taxer, 2021