Kunst im öffentlichen Raum Frankfurt

Feuerkomposition (Menschfamilie)

Objekt: Feuerkomposition (Menschfamilie)
Standort: Eschersheimer Landstraße
Stadtteil: Dornbusch
Künstler*in: Pininski, Peter
Material: Keramik
Entstehung: 1992
Eigentum von: Stadt Frankfurt, VGF

In der Unterführung zur U-Bahn-Haltestelle Dornbusch bietet sich den Passant*innen ein Universum wilder Malerei und bizarrer Mosaiken, das von dem Künstler und Architekten Peter Pininski als Feuerkomposition oder auch als Menschfamilie betitelt wird. Das Werk entstand im Rahmen des Umbaus von U-Bahn-Haltestellen Ende der 1990er Jahre. Bereits die anspielungsreichen Titel wie auch die Kombination verschiedener Techniken zeigen seine inhaltliche Vielschichtigkeit.
Die Gestaltung der Fußgängerunterführung wurde vom Straßenbauamt in Auftrag gegeben, um dem langen und unvermeidlichen Gang eine freundliche Stimmung zu verleihen. Die Kosten für diese künstlerische Umgestaltung betrugen 1,5 Millionen Mark. Die Installation sollte zudem, laut Pininski, eine Verknüpfung von Ästhetik und Alltag schaffen. Er konzipierte die unterirdischen Gänge als ein (von ihm so genanntes) "Gesamtkunstwerk", um Vandalismus vorzubeugen. Trotz dieser Bemühungen wurden 2012 Messingstücke aus dem Boden gestohlen, die bis heute nicht ersetzt sind.
Das künstlerische Konzept, so beschreibt es Pininski, ist Eigenschaften des "Weiblichen" und des "Männlichen" sowie deren Begegnung gewidmet. Ein Teil der Unterführung ist dem "Femininen" zugeordnet; hier dominieren dezente rosa Kacheln, begleitet von der Skizze einer Frau auf dem Boden und einem auffälligen Deckenbild. Im anderen Teil der Unterführung repräsentieren hellblaue Kacheln das "männliche Prinzip". Die Berührungspunkte beider Abschnitte sind durch ein Keramik-Mosaik gekennzeichnet. Es zeigt Flammen in greller Farbigkeit; dies steht für die Explosion von Emotionen, wenn beide Elemente aufeinander treffen.
Auch für die Gestaltung der Handläufe an den Treppen wurden Geschlechter-Vorstellungen hinzugezogen: runde Handläufe im "femininen" Teil stehen für "weibliche Formen", eckige im maskulinen Teil für "männliche Formen". Auf Kritik stieß diese Gestaltung unter U-Bahn-Benutzer*innen vor allem deshalb, weil man Schwierigkeiten mit den eckigen Handläufen hatte; man beschwerte sich über Unpraktikabilität und mangelnde Griffigkeit, insbesondere bei Regen. Dennoch blieben die Handläufe installiert.
In heutiger Sicht drängt sich weitere Kritik auf, und zwar daran, dass das Werk überholte Geschlechter-Vorstellungen vertritt – in mehrerer Hinsicht. Von der Binarität der Geschlechter ausgehend, entwickelt es eine Struktur der Gegenüberstellung und ordnet den beiden Seiten, also dem "Weiblichen" und dem "Männlichen", festgelegte Merkmale zu; auf diese Weise reproduziert es veraltete stereotypische Zuschreibungen. Indem es lediglich die binären Optionen "weiblich" und "männlich" berücksichtigt, vertritt es überdies eine heteronormative Vorstellung von Liebe. Vernachlässigt bleiben individuelle Merkmale jeglicher Art sowie Menschen jenseits traditioneller Geschlechterrollen und Heterosexualität.
Wäre es nicht viel spannender zu überlegen, wie die Explosion von Stereotypen Raum für ein vielfältiges Spektrum an Geschlechtsidentitäten und Sexualität schaffen könnte?

Text: Carolin Tüngler, 2024

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